Rückkehr der Chronik nach Ladelund

Mehr als vier Wochen sind seit dem Einbruch in die KZ-Gedenk- und Begegnungsstätte und dem Diebstahl der Kirchenchronik vergangen. In der Hoffnung, durch die Bekanntmachung des Diebstahls in der Öffentlichkeit die Chance auf eine Zurückgabe der Chronik zu erhöhen, waren wir in den letzten Wochen lokal und landesweit aktiv. Wir danken allen, die in Presse, Funk und Fernsehen über den Einbruch berichtet haben, die Aushänge von uns übernommen haben und die das Geschehen in ihren sozialen Kanälen geteilt haben.

Wir haben daraufhin viele Rückmeldungen bekommen. Alle zeigten sich entsetzt über den Einbruch in eine Gedenkstätte und den Diebstahl des Herzstücks der Ausstellung. Für den Zuspruch, die ideelle und moralische Unterstützung sind wir sehr dankbar. Sie hat uns gutgetan und den ersten Schock etwas gemildert. Dennoch blieb die Chronik zunächst verschwunden.

Doch seit dem 20. Februar 2023 ist wieder alles anders. Die Chronik wurde an die Polizeidienstelle in Niebüll zurückgegeben und von dort haben Pastor Stuck und ich die Chronik abgeholt und zurück nach Ladelund gebracht!

Katja Happe nach Rückgabe der Chronik in Niebüll

Wir sind unendlich froh, dass die Chronik zurückgegeben wurde und wir sie nach Ladelund zurückholen konnten. Für die Kirchengemeinde genauso wie für die KZ-Gedenk- und Begegnungsstätte ist sie von immenser historischer Bedeutung und das zentrale Objekt der Ausstellung.

Dass die Chronik bei der Zerstörung der Vitrine beschädigt wurde, trübt unsere Freude ein wenig. Aber wir sind zuversichtlich, dass sich die Risse und Löcher in den Seiten restauratorisch gut behandeln lassen werden.

beschädigte Chronikseiten

Ob, oder besser, wie wir die Chronik künftig in der Ausstellung präsentieren werden, wird noch gemeinsam mit der Kirchengemeinde Ladelund, der Eigentümerin der Chronik, beraten. Zunächst einmal muss sie restauriert werden, damit kein Schaden vom Diebstahl zurückbleibt.

Grundsätzlich sind wir einfach nur froh, dass die Chronik wieder da ist, und freuen uns sehr darüber!

Wassilij Chramow (03.5.1917-11.11.1944)

Der Krieg in der Ukraine ist derzeit immer Thema in den Nachrichten.

In Schytomyr wurde vor mehr als hundert Jahren, am 3. Mai 1917, Wassilij Chramow geboren. Nach einer langen Odyssee durch verschiedene Konzentrationslager im Jahr 1944 starb er am 11. November 1944 in Ladelund und wurde in Grab Nr. 3 begraben.

Viel wissen wir nicht über Wassilij Chramow. Leider haben wir auch kein Bild. Wir wissen, dass Wassilij Chramow Koch war. Die deutsche Sicherheitspolizei in Bialystok wies ihn im April 1944 in das KZ Stutthof ein, vermutlich weil er sich der Zwangsarbeit entzogen hatte. Vom KZ Stutthof in der Nähe von Danzig begann seine Odyssee durch verschiedene Konzentrationslager. Jeweils nur wenige Wochen oder Monate war er nach Stutthof im KZ Natzweiler, dem KZ Dachau und dem KZ Neuengamme. Von Neuengamme wurde er Anfang November 1944 in das KZ Ladelund deportiert; hier starb er keine zwei Wochen später. Als Todesursache wird in den Dokumenten „Selbstmord durch Erhängen“ genannt. Statt der immer wiederkehrenden Todesursache „Dysenterie“ (auch „Ruhr“ genannt), die bei den meisten Häftlingen eingetragen wurde und auf eine Durchfallerkrankung und Entkräftung durch die erlittenen Entbehrungen, die schlechte Versorgung und die schwere Arbeit beim Ausheben des Panzerabwehrgrabens hinweist, hat Wassilij Chramow sich anscheinend dazu entschieden, seinem Leben selbst ein Ende zu setzen. Vermutlich, weil er völlig entkräftet war und keinen anderen Ausweg aus der Situation mehr sah.

Nach fast einem Jahr Kriegsdauer sind auf beiden Seiten des aktuellen Konflikts in der Ukraine schon zehntausende von Menschen gestorben. Das dadurch hervorgerufene Leid wird am Ende des Krieges nicht aufhören. Ganze Generationen werden in der Ukraine mit den Geschehnissen und der Traumatisierung durch den russischen Angriff leben müssen. Irgendwann wird es auch in der Ukraine Gedenkstätten geben, die an die Opfer dieses Krieges erinnern.
In Ladelund haben wir in Erfahrung gebracht, dass es beharrlicher Arbeit und viel emotionaler Zuwendung bedarf, um den Angehörigen der Opfer ein würdevolles Gedenken zu ermöglichen und eine angemessene Erinnerung für junge Generationen zu bewahren.

Der russische Angriffskrieg war und ist nicht zu rechtfertigen. Daran mahnt uns das Grab von Wassilij Chramow in Ladelund.

Belohnung ausgesetzt

Mehr als drei Wochen sind seit dem Einbruch in die KZ-Gedenk- und Begegnungsstätte Ladelund vergangen. Wir haben unseren Appell mit der Bitte zur Rückgabe der Chronik über alle uns zur Verfügung stehenden Kanäle, in Funk und Fernsehen und über das Internet verbreitet – leider bisher ohne Ergebnis.

Die leere und zerstörte Vitrine jetzt ohne Kirchenchronik

Die Kirchenchronik hat für die Diebe keinen materiellen Wert und ist sicher unverkäuflich. Für die Kirchengemeinde Ladelund und die KZ-Gedenk- und Begegnungsstätte hat sie einen sehr hohen ideellen Wert, enthält sie doch die erste Schilderung von Pastor Johannes Meyer über die Existenz und die Zustände im KZ Ladelund Ende des Jahres 1944.

Die Beschreibung des KZ Ladelund von Pastor Meyer

Wir bitten dringend um Rückgabe der Chronik. Sie kann anonym in der Kirche St. Petri in Ladelund hinterlegt werden oder auf anderen Wegen in die KZ-Gedenk- und Begegnungsstätte Ladelund zurück gelangen.

Für sachdienliche Hinweise, die zur Wiederbeschaffung der Chronik führen, stellt die KZ-Gedenk- und Begegnungsstätte Ladelund eine Belohnung von 1.000,- € bereit.

Veranstaltung

ABGESAGT

Einladung zur Politischen Andacht zur Jahreslosung 2023 in der Kirche von Karlum

Einbruch in der KZ-Gedenk- und Begegnungsstätte

Freitag morgen, der 13.1.2023.
Der Schrecken war groß! In die Gedenkstätte ist in der Nacht eingebrochen worden. Der/Die Täter haben die Tür zur hinteren Terrasse aufgehebelt und sind so ins Dokumentenhaus gekommen.

Die Spendenbox wurde aufgebrochen und eine kleine Summe Geld entwendet. Aber viel schlimmer war der Blick in den Ausstellungsraum. Dort haben der/die Täter die Vitrine mit der Kirchenchronik zerstört und dieses für die Gedenkstätte und die Kirchengemeinde ideel so immens wichtige Buch gestohlen.

Das Buch hat keinen materiellen Wert, es enthält aber die Aufzeichnungen Pastor Meyers zum Konzentrationslager Ladelund genauso wie die Einträge vieler anderer Pastoren der Kirchengemeinde – deshalb hat es für die Gedenkstätte und die Ausstellung zum Thema KZ Ladelund natürlich einen hohen ideellen Wert.

Aus diesem Grund – dem geringen materiellen, aber hohen ideellen Wert – bitten wir die Täter um eine Rückgabe der Chronik. Schmeißen Sie die Chronik nicht einfach irgendwo hin oder entsorgen sie. Wir hoffen wirklich auf die Einsicht der Täter, dass die Chronik nur für die Kirchengemeinde und die Gedenkstätte von Wert ist! Bitte geben Sie sie zurück!

Vortrag am 27. Januar 2023

Die KZ-Gedenk- und Begegnungsstätte ist seit dem 11. Januar 2023 wieder geöffnet und wir freuen uns auf ein Jahr mit vielen Besucher*innen und Gruppen, die die KZ-Gedenkstätte besuchen kommen. Den Kontakt mit den Angehörigen der in Ladelund ermordeten Männer werden wir weiterhin pflegen und aufbauen. Wir sind immer froh, wenn wir Nachfahren und Angehörige in Ladelund begrüßen können.

Blauer Himmel zum Jahresbeginn an der Gedenkstätte

Traditionell findet die erste Veranstaltung im Jahr in der KZ-Gedenk- und Begegnungsstätte am 27. Januar statt – dem Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus. Vor dem Beginn der Lesung findet in Ladelund ein stilles Gedenken an den Gräbern statt, bei dem auch „Lichter gegen Dunkelheit“ leuchten (https://www.lichter-gegen-dunkelheit.de/).

Zu diesem Gedenken und der nachfolgenden Lesung und Buchvorstellung von Barbara Stellbrink-Kesy möchten wir alle Interessierten ganz herzlich einladen.

Einladung zum 27. Januar 2023 um 18.30

Stilles Gedenken, Lesung und Buchvorstellung von Barbara Stellbrink-Kesy„Unerhörte Geschichte – frei aber verpönt.“

Irmgard Stellbrink

Sie war die Schwester von Karl Friedrich Stellbrink, einem der vier Lübecker Geistlichen, die zu den nationalsozialistischen Verbrechen nicht schwiegen und dafür 1943 hingerichtet wurden. Doch im Gegensatz zu ihrem Bruder ist Irmgard Stellbrink kaum bekannt. Dabei sind die Lebensschicksale der Geschwister eng verbunden. Ihre Söhne lebten als Pflegekinder im Haus des Bruders.

Ein Päckchen Briefe, versteckt unter dem doppelten Boden eines Schrankes, eine Krankenakte in einem Archiv – diese Splitter eines Familiengeheimnisses wurden für die Autorin, Großnichte der Beiden, zum Ariadnefaden in einer Zeit, in der das Gift eugenischer Vorstellungen von höher – und minderwertigen Menschen in die Gesellschaft einsickerte und Wirkung tat. Die Autorin berichtet über die Spurensuche und liest Auszüge aus der entstandenen Doppelbiografie.

Irmgard Stellbrink, ©SibylleOstermann

Schließzeit 2022/2023

Kurz vor dem Beginn der Schließzeit über Weihnachten und den Jahreswechsel war es soweit: In Ladelund hatte es geschneit und alles war in Weiß getaucht.

Das passt dazu, dass sich auch die KZ-Gedenk- und Begegnungsstätte in einen kurzen Winterschlaf begibt: Sie schließt ihre Pforten vom 20. Dezember 2022 bis zum 10. Januar 2023.

Ab dem 11. Januar 2023 ist die KZ-Gedenk- und Begegnungsstätte wieder zu den normalen Zeiten geöffnet.

Das Gedenkstätten-Team wünscht allen Freunden und Besucher*innen der Gedenkstätte eine fröhliche und auch besinnliche Advents- und Weihnachtszeit und einen Guten Start in das Neue Jahr!

Wir freuen uns, Sie und Euch im Jahr 2023 wieder begrüßen zu dürfen!

Bortolo Martino (genannt Lino) Gatti (6.7.1911-19.11.1944)

Lino Gatti als Carabinieri

Nachruf auf Lino Gatti

36 Männer aus Italien sind im KZ Ladelund ermordet und auf dem Friedhof an der Ladelunder Kirche St. Petri begraben worden. Neben den Niederländern bilden die Italiener die zweitgrößte Opfergruppe in Ladelund. Viele der Männer stammten aus der Region um Nimis, einem Ort im Osten Italiens nahe der Grenze zu Slowenien. Zu ihnen gehörte Lino Gatti nicht.

Als jüngstes von fünf Kindern wurde Lino, wie die Familie ihn nannte, in Iseo, in der Nähe von Bergamo geboren. Die Familie zog später nach Turin um und Lino Gatti wurde Militärpolizist. Er kämpfte mit der italienischen Armee in Äthiopien und Libyen. Nach einer Verwundung gelangte er erst nach Neapel und dann nach Triest. Dort heiratete er. Vermutlich im Herbst des Jahres 1944 wurde Lino Gatti verhaftet. Die Umstände seiner Festnahme sind unbekannt, ebenso der Ort seiner Verhaftung. Fest steht, das seine Odyssee durch die verschiedenen Konzentrationslager im Oktober 1944 begann, die ihn am Ende nach Ladelund führte. Zunächst wurde er im KZ Dachau inhaftiert, von dort wurde er am 23. Oktober in das KZ Neuengamme deportiert. Wann genau er von dort in das KZ Ladelund verlegt wurde, ist ebenfalls nicht bekannt. Im KZ Ladelund starb er am 19. November 1944 und wurde in Grab Nr. 6 beerdigt.

Seine Familie blieb lange im Ungewissen über sein Schicksal. Erst im Mai 1946 erreichte ein Brief von Pastor Meyer die Familie, der sie über den Tod Lino Gattis informierte. Meyer schrieb seinen Brief auf Italienisch. Wie es dazu kam, ist leider nicht bekannt.

Brief J. Meyer an Fr. Gatti in 05.1946

Mit dem Neffen von Lino Gatti, Massimo Grassi, hat die Gedenkstätte seit einigen Jahren Kontakt. Er teilte im letzten Jahr mit, dass seinem Onkel Bortolo Gatti posthum vom Präsidenten der Italienischen Republik eine Ehrenmedaille verliehen wurde.

Gedenken in Putten und Ladelund

Kränze anlässlich des Gedenkens in Ladelund

Das letzte Drittel des Jahres lässt die Menschen in Putten und in Ladelund näher zusammenrücken. Es ist die Zeit des Gedenkens an die im KZ Ladelund im Jahr 1944 ermordeten Männer.

Anfang Oktober fand zunächst das Gedenken in Putten statt. Zum ersten Mal seit dem Beginn der Pandemie konnten sich wieder Menschen versammeln, um gemeinsam der aus Putten deportierten Männer zu gedenken.

Gedenkveranstaltung in Putten

Aus Ladelund waren einige Personen zum Gedenken nach Putten gefahren. Alle wurden von Freunden und der Stichting Oktober ’44 herzlich aufgenommen; der gute Kontakt und die engen Beziehungen hatten nicht darunter gelitten, dass wir uns so lange nicht sehen konnten.

Freunde aus Putten und Ladelund treffen sich wieder

Wie es Tradition seit vielen Jahren ist, legten die KZ-Gedenk- und Begegnungsstätte und die Kirchengemeinde Ladelund einen Kranz am Monument für die ermordeten Männer nieder.

Die Kränze der Gedenkstätte und der Kirchengemeinde

Wenige Wochen später, zum Volkstrauertag am 13. November 2022, konnten wir dann Freunde und Bekannte aus Putten hier in Ladelund begrüßen. Beim Gedenken nach dem Gottesdienst waren fast 100 Menschen zugegen.

Gedenken an den Gräbern in Ladelund

Wie es schon vor Corona Tradition war, kamen danach Alle zu einer Suppe im Pastorat zusammen.

Mittagessen im Pastorat der Kirchengemeinde St. Petri Ladelund

Bei einem abschließenden koppje koffie in der Gedenkstätte stellten Karin van Steeg und Pieter Dekker das Projekt der Poster für den „Ort der Verbundenheit“ an der KZ-Gedenkstätte Neuengamme vor.

Pieter Dekker präsentiert die bereits entstandenen Poster

Acht Poster zu Männern, die in Ladelund ermordet wurden, sind bereits entstanden und wurden in der Gedenkstätte vorgestellt. Als besondere Aufmerksamkeit legten Karin van Steeg und Pieter Dekker je eine Gerbera vor den Gräbern der Toten nieder, für die bereits ein Plakat existiert. 

Blumen zum Projekt „Ort der Verbundenheit“

Einladung zum Volkstrauertag am 13. November 2022

Volkstrauertag

Sonntag, den 13. November 2022

Ablauf:

10:00         St. Petri-Kirche:
                       Gottesdienst zum Volkstrauertag
                       anschließend: Stilles Gedenken und Kranzniederlegungen an
                       verschiedenen Plätzen

ab 12:00    Pastorat:
                      gemeinsames Mittagessen
                      Anmeldung zur Teilnahme am Essen wird bis zum 8.11.2022 erbeten

15:00            Gedenkstätte:
                        Vorstellung eines Erinnerungs-Projektes aus Putten,
                      Referent Pieter Dekker

Im Anschluss: Zeit für Begegnungen und Gespräche in der
                        Gedenkstätte