So schön und gleichzeitig so traurig war der Volkstrauertag in diesem Jahr. Die Fahnen auf der Dorfstraße waren wie jedes Jahr auf Halbmast geflaggt – ein Zeichen für die Trauer und das Gedenken, das diesem Tag innewohnt. Und doch schien die Sonne und für Mitte November war es ein strahlender, milder Herbsttag.
Am diesjährigen Volkstrauertag haben wir vor allem unsere Freunde aus Putten und anderen Orten der Niederlande schmerzlich vermisst. Die grundsätzliche Planung ähnelte dem letzten Jahr, und doch war alles ganz anders.
Zunächst treffen sich alle traditionell in der Kirche St. Petri, der Kelch aus Putten steht auf dem Altar, der 84. Psalm bildet ein wichtiges Element des Gottesdienstes. Die Kirche ist aus diesem Anlass meist mit vielen Dutzend Menschen gut gefüllt, alle Bänke und die Empore sind voll besetzt. Weil ich am Ende des Gottesdienstes das Totengedenken lese, sitze ich meist vorne neben dem Taufbecken und kann mich gut daran erinnern, wie froh ich im letzten Jahr war, so viele Bekannte und Freunde aus Ladelund und Putten in der Kirche zu sehen.
Auch dieses Jahr war die Kirche gut gefüllt, und das mit 30 Personen, da mehr unter Einhaltung der Abstands- und Hygieneregeln nicht gleichzeitig in die Kirche dürfen. Und als ich von meinem Platz vorne neben dem Taufbecken meinen Blick schweifen ließ, habe ich mich natürlich gefreut, die vertrauten Gesichter von Ladelunder Freunden und Bekannten zu sehen – und doch hat es mich tief berührt, eben viele Gesichter aus dem Ausland nicht zu sehen und Euch umso mehr zu vermissen.
Das Orgelspiel von Sina Christiansen wurde in diesem Jahr ersetzt von dem Posaunenquartett der Ehepaare Kjer und Prechel. Zudem hat Gudrun Buttchereyt durch ihren Gesang mit Gitarrenbegleitung den Gottesdienst bereichert. Allen herzlichen Dank für diese stimmungsvolle Begleitung! Nach dem Gottesdienst versammeln sich alle an den Gräber der im KZ getöteten Männer, um dort in stillem Gedenken Kränze und Blumen an den Gräbern niederzulegen. Laut der Landesverordnung durfte das Niederlegen der Kränze am Volkstrauertag nur von zehn Personen gemacht werden. Daran haben wir uns gehalten.
Zum Glück in diesen schwierigen Zeiten hat uns aber der „Garten der Begegnung“ viel Platz geboten, damit sowohl diejenigen, die einen Kranz für eine Organisation ablegen sollten und wollten, als auch andere Besucher sich mit viel Platz und Abstand im Garten aufhalten und dem stillen Gedenken beiwohnen konnten. Der Posaunenchor der Kirchengemeinde Ladelund hat dem stillen Gedenken einen würdigen Rahmen gegeben. Und dennoch haben wir all diejenigen, die in „normalen“ Jahren einen Kranz ablegen – für die Stichting Oktober ‘44, für die Stichting Samen Verder, für die Gemeinde Putten, für den Verband der Sinti und Roma oder auch die Stadt Wyk auf Föhr – schmerzlich vermisst. Auch wenn wir alle in Gedanken unsere Freunde hier gesehen haben und wussten, dass sie zu diesem Zeitpunkt an uns denken, war es eben doch ganz anders, sie nicht hier vor Ort zu haben, mit Ihnen zu reden, zu trauern und gemeinsam zu gedenken.
Die Trauer um die Verstorbenen und die Trauer, dass so viele nicht persönlich bei uns sein konnten, überwog an diesem für alle sehr besonderen Volkstrauertag. Gleichzeitig war es ein wunderschöner sonniger Morgen und das Wetter stand in großem Kontrast zu der Trauer des Tages. Auf der einen Seite hat es alle die besondere Situation noch mehr spüren lassen, auf der anderen Seite war ein stimmungsvolles, ruhiges Gedenken möglich, der Sonnenschein und das ruhige Wetter haben zum Innehalten an den Gräber eingeladen. Und dennoch hoffen alle, dass wir im nächsten Jahr unsere Freunde zum gemeinsamen Gedenken wieder hier in Ladelund begrüßen können, genauso wie wir hoffen, im Oktober 2021 wieder nach Putten fahren zu können!
Die Kränze und Blumengestecke aller, die das Gedenken an diesem Tag mit uns geteilt haben: