Zum ersten Mal als Gedenktag in Schleswig-Holstein – Der 8. Mai 2021

Zum ersten Mal ist der 8. Mai (der Tag der Befreiung, des Kriegsendes und der deutschen Kapitulation 1945) ein Feiertag in Schleswig-Holstein. Unter Federführung der Landesarbeitsgemeinschaft Gedenkstätten und Erinnerungsorte in Schleswig-Holstein e.V. (LAGSH) konnte erreicht werden, dass der Landtag von Schleswig-Holstein diesen Tag zu einem landesweiten Feiertag erklärte. Damit hat die Landesregierung ein wichtiges Signal gesetzt und die Bedeutung dieses Tages für Gesellschaft und Politik deutlich aufgewertet. Dass andere europäische Länder diesen Tag des Sieges über Nazi-Deutschland und die Befreiung von der terroristischen Gewaltherrschaft feiern, ist dort seit langem Tradition. In Deutschland wurde der Tag in den ersten Jahrzehnten nach Kriegsende noch als Tag der Niederlage und Kapitulation gesehen.
Erst die Rede des Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker am 8. Mai 1985 zur vierzigsten Wiederkehr dieses Tages markierte einen deutlichen Wendepunkt in seiner Wahrnehmung und löste eine gesamtdeutsche Debatte über die Bedeutung dieses Tages aus. Von Weizsäcker bezeichnete den 8. Mai in seiner Rede als „Tag der Befreiung […] von dem menschenverachtenden System der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft.“

https://www.bundespraesident.de/SharedDocs/Reden/DE/Richard-von-Weizsaecker/Reden/1985/05/19850508_Rede.html (hier der vollständige Text der Rede von Richard von Weizsäcker)

In den Jahrzehnten seit der Rede von Weizsäckers ist die Bedeutung des 8. Mai als Tag der Befreiung immer stärker hervorgetreten. So ist es nur folgerichtig, dass Im gesamten Land Schleswig-Holstein an diesem Tag an die Befreiung 1945 erinnert wird und sich die Mitglieder der Gesellschaft bewusstwerden, was in den fast 8 Jahrzenten seitdem erreicht wurde. Wir leben in einer freien und demokratischen Gesellschaft, in der die persönliche Entfaltung jedes Einzelnen, seine/ihre Würde gewahrt werden und im Grundgesetz verankert sind. Freie Meinungsäußerung ist ebenso möglich und selbstverständlich.

In der KZ-Gedenk- und Begegnungsstätte Ladelund arbeiten wir bei allen Führungen und Aktionen daran, die Bedeutung der Befreiung hervorzuheben. Wir verdeutlichen unseren Besucher*innen, dass wir thematisch an dunkles Kapitel der deutschen Geschichte erinnern, verbinden dies aber immer damit, damit das heutige gesellschaftliche Zusammenleben hinzuweisen, die positiven Entwicklungen hervorzuheben und die Besucher*innen aufzufordern, selbst weiter darüber nachzudenken, wie sie diese freie und demokratische Gesellschaft weiter schützen und fördern können. In diesem Sinne erinnern wir auch in diesem Mai an den Tag der Befreiung von der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft im Jahr 1945.

Frühlingsbeginn im Garten der Begegnung

So langsam kommt der Frühling auch nach Nordfriesland. Die Sonne scheint und am 23.4. waren gut ein Dutzend Freunde und Ehrenamtler*innen eifrig dabei, den Garten der Begegnung frühlingsfit zu machen. Ein schöner Tag, an dem im Freien und im Sonnenschein gut gearbeitet werden konnte.

Schon am Vormittag hatte der Küster unserer Kirchengemeinde St. Petri Ladelund damit begonnen, die Gartenfläche zu vertikutieren und den Boden damit für die neuen Blumensamen vorzubereiten.

Am Nachmittag ging es dann los. Die Fläche wurde gesäubert und der Abfall des Vertikutierens zusammengerecht. Viele Hände befreiten die Wege des Gartens von Unkraut. Auch sie wurden gerecht und geglättet.

Alle Helfer waren eifrig dabei, es wurde gearbeitet und geschnackt, beraten und erzählt. Bevor dann die Saat ausgebracht wurde, hatten sich alle eine Pause verdient.

Unsere niederländischen Freunde konnten aufgrund der Corona-Einschränkungen nicht bei uns sein, um am Garten mitarbeiten. Wir haben Euch vermisst. Und doch wart Ihr da!! In Gedanken auf jeden Fall, das haben wir gemerkt. Aber es gab auch noch eine Überraschung!! Denn in der Pause konnten alle einen leckeren Kuchen genießen, der von der Stichting Samen Verder für uns bestellt worden war. Er war lecker! Und wir haben uns alle so sehr gefreut!! Vielen Dank dafür!!

Nach der wohlverdienten Pause ging es dann weiter. Die Blumensamen kamen in die Erde und vor dem Wässern wurde der gesamte Garten einmal gewalzt, damit die Samen gut in die Erde gedrückt wurden.

Am Abend kamen auch die Bienenvölker aus ihrem Winterquartier in den Garten der Begegnung zurück. Jetzt müssen wir nur noch warten, dass die Samen aufgehen und der Garten der Begegnung wie in den letzten Jahren farbenfroh und üppig zu blühen anfängt. Dann werden unsere Bienen wieder genug Blüten für ihre Honigproduktion haben.

Bis dahin drücken wir die Daumen für warmes Wetter, Sonnenschein und auch ab und an ein bisschen Regen, damit die Blumen gut gedeihen!
Wir werden sicher fast jeden Tag nachschauen, ob sie schon ein bisschen gewachsen sind!

Vortrag von Dr. Stephan Linck

Dr. Stephan Linck wird Vielen in Ladelund und Umgebung, die sich für die KZ-Gedenk- und Begegnungsstätte interessieren, persönlich, durch seine hier gezeigte Ausstellung und seine Bücher bekannt sein. Wir freuen uns sehr, dass Stephan Linck in dem Veranstaltungs-Format „Rechte Tendenzen im ländlichen Raum“, an dessen Planung und Durchführung sich auch die KZ-Gedenk- und Begegnungsstätte beteiligt, einen Vortrag halten wird. Wie vieles in dieser Zeit wird auch dieser Vortrag digital stattfinden. Der offizielle Einladungstext steht unten. Wir hoffen, dass das Thema von Stephan Linck viele interessierte Zuhörer finden wird!

Dr. Stephan Linck in Ladelund

05.05.2021, 18:30 Uhr

Referent: Dr. Stephan Linck, Studienleiter für Erinnerungskultur und Gedenkstättenarbeit,

Evangelische Akademie der Nordkirche

Rechtsradikalismus im ländlichen Raum in der Weimarer Republik

Wieso begann der Nationalsozialismus in Schleswig-Holstein seinen Siegeszug auf dem Land? Wieso war der Nährboden für Rechtsradikalismus auf dem Land für die Nationalsozialisten fruchtbarer? Wenn wir verstehen wollen, weshalb die Provinz Schleswig-Holstein früh zum Stammland der NSDAP werden konnte, müssen diese Fragen beantwortet werden.
Der Vortrag versucht, Erklärungsansätze zu geben, und lotet aus, wie weit das protestantische Milieu hierbei einen wesentlichen Anteil an der Entwicklung hatte. Davon ausgehend soll die Frage aufgeworfen werden, wie sich die Mentalität nach dem 8. Mai 1945 änderte oder ob sich nicht antidemokratische und antisemitische Denkstrukturen weiter erhielten.

Die Veranstaltung wird organisiert durch den Kreisjugendring Nordfriesland, das Eiderstedter Forum, das Evangelische Regionalzentrum Westküste, die KZ-Gedenk- und Begegnungsstätte Ladelund, den Kirchenkreis Nordfriesland, das Regionale Beratungsteam gegen Rechtsextremismus Flensburg des AWO Landesverbandes SH e.V., das Diakonische Werk Husum und Fremde brauchen Freunde e.V.

Die Veranstaltung findet via Zoom statt. Eine Anmeldung unter flensburg@rbt-sh.de ist erforderlich. Der benötigte Zoom-Link wird allen Angemeldeten rechtzeitig vor dem 05.05.20 zugeschickt.

Ruhige Osterfeiertage

So langsam erwacht die Natur zum Leben. Die Sonne scheint und die Temperaturen verlassen die Minusgrade: Krokusse, Winterlinge und Schneeglöckchen sind überall zu sehen und zaubern jedem ein Lächeln ins Gesicht.

Auch neben dem Dokumentenhaus der Gedenkstätte gibt es die ersten Blüten

Seit Anfang März ist die KZ-Gedenk- und Begegnungsstätte Ladelund wieder geöffnet und erfreulicherweise konnten wir einige Besucher*innen bereits begrüßen.


Angesichts der im ganzen Land steigenden Corona-Zahlen und ohne die normalerweise über Ostern hier Ferien machenden Urlauber*innen werden wir die KZ-Gedenk- und Begegnungsstätte an den Osterfeiertagen und an den weiteren Wochenenden des April noch geschlossen halten. Werktags von Dienstag bis Freitag in der Zeit von 10-16 Uhr ist die Gedenkstätte für Besucher*innen geöffnet und wir freuen uns, wenn Sie dann vorbeikommen.

Alles öffnet sich…

Der Frühling kommt mit großen Schritten…
In Ladelund scheint die Sonne, auch wenn es morgens noch immer richtig kalt ist. Die Tulpen im Garten haben schon ausgetrieben und die ersten Frühlingsblüher finden sich auf den Beeten im Garten der Begegnung.

Eine Krokusblüte im Garten der Begegnung

Und mit dem Sonnenschein draußen steigen auch die Hoffnungen, dass dieses Jahr besser wird als das letzte. Wir hoffen, wieder Besucher in der Gedenkstätte begrüßen zu können und hoffen auf Schulklassen und Konfirmanden, mit denen wir die Verbindung von Geschichte und Gegenwart diskutieren können. Ferner hoffen wir insgesamt auf sinkende Inzidenz-Zahlen, aufs Geimpft-werden. Darauf, dass wir unsere Freunde mal wieder in den Arm nehmen können, auf Restaurantbesuche, auf Kulturerlebnisse zusammen mit anderen. Und wir in Ladelund hoffen natürlich ganz besonders auf Besucher in der Gedenkstätte. Auf Angehörige aus verschiedenen Ländern. Wir hoffen auf Besuche von Freunden aus den Niederlanden und darauf, dass wir selbst wieder einmal nach Putten fahren können.

Und wir machen einen ersten Schritt. Ab dem 9. März 2021 ist die Gedenkstätte wieder geöffnet. Zunächst für Einzelbesucher. Jedoch können auch Gruppen vorerst bis zu 10 Personen wieder Termine mit uns vereinbaren. Natürlich achten wir auf alle Hygiene-Maßnahmen, um den Besuch für unsere Gäste und für uns selbst so sicher wie möglich zu machen. Wir freuen uns sehr auf Besucher!
In der ersten Zeit können wir maximal 10 Besucher*innen gleichzeitig in die Ausstellung lassen. Wir planen, nach Ostern auch an den Wochenenden wieder zu öffnen und hoffen darauf, dass wir dann nach und nach auch größere Gruppen empfangen dürfen.
Auf unserer Homepage finden sich immer die aktuellen Hinweise bezüglich unserer Öffnungszeiten.

Auch dem Garten der Begegnung werden wir in der nächsten Zeit unsere Aufmerksamkeit widmen. Wir müssen neu säen, damit er im Sommer wieder in voller Blütenpracht erstrahlen und den Bienen im Garten reichlich Futter bieten kann. Wir laden alle Interessierten, die sich bei der Planung und Fortentwicklung des Gartens der Begegnung beteiligen wollen, zu einem Treffen am Freitag, den 26.März um 15.00, in die Gedenkstätte ein (bei schönem Wetter im Garten der Begegnung). Bitte meldet Euch/melden Sie sich in der Gedenkstätte an, wenn ihr/Sie teilnehmen wollt. So können wir die Kaffee- und Kuchenmahlzeit optimal planen.
Als kleinen Vorgeschmack können Interessierte den Garten schon jetzt als Luftbild bei „bing maps“ (danke an Th. Hansen für den Hinweis) finden.

Luftbild vom Garten der Begegnung (bing.maps)

25 Jahre Gedenken an den Holocaust

Seit 1996 ist der 27. Januar der Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus – ein bundesweiter Gedenktag, der von Bundespräsident Roman Herzog am 3. Januar 1996 proklamiert und festgelegt wurde. An diesem Tag wurde 1945 das Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau von der Roten Armee befreit. Fast zehn Jahre nach der Proklamation Herzogs, im Jahr 2005, erklärten die Vereinten Nationen diesen Tag zum „Internationalen Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust“. Seitdem wird er nicht nur in Deutschland, sondern auch in anderen Ländern jedes Jahr am 27. Januar begangen, um derer zu gedenken, die durch das nationalsozialistische Regime entrechtet, verfolgt, gequält oder ermordet wurden. 

Das Datum des Gedenkens ist symbolisch. Im Lagerkomplex Auschwitz wurden fast eine Million Juden ermordet, am 27. Januar wird jedoch aller Opfer der nationalsozialistischen Terrorherrschaft gedacht. Insgesamt starben in den Jahren 1940-1945 fast sieben Millionen Menschen (Juden, Sinti und Roma, Zeugen Jehovas, im NS-Jargon sogenannte Asoziale, Menschen mit körperlichen oder geistigen Behinderungen, die im Rahmen des Euthanasie-Programms T4 ermordet wurden, politische Verfolgte und Mitglieder von Widerstandsorganisationen aus ganz Europa) durch die NS-Herrschaft.

In den Akten des Archivs der KZ-Gedenk- und Begegnungsstätte Ladelund ist nachweisbar, dass der 27. Januar als Gedenktag ab 1998 kontinuierlich in Ladelund begangen wurde. Die Bandbreite der Vorträge und Veranstaltungen ist beachtlich. Den ersten nachweisbaren Vortrag hielt am 27. Januar 1998 Prof. Uwe Dankert über den „Judenmord im Ostland“. Es folgten Vorträge zu Täter*innen, dem System der nationalsozialistischen Konzentrationslager, Sinti und Roma als Opfer von Verfolgung und viele andere. Weil die KZ-Gedenk- und Begegnungsstätte Ladelund von der Nordkirche bzw. ihrer Vorgängerinstitution, der Nordelbischen Kirche, getragen wurde und wird, spielten kirchliche Themen in den Vorträgen immer wieder eine Rolle. So hielt der ehemalige Pastor Ladelunds, Harald Richter, im Januar 2012 einen Vortrag über die „Kirchliche Gedenkstättenarbeit in Ladelund“. Auch das „Altonaer Bekenntnis“ (2013), die Thematik des Kirchenasyls (2016) oder die „Karriere“ des Viöler Gemeindepastors Johann Peperkorn (2005 – „Vom Gemeindepastor in Viöl zum NSDAP Kreisleiter in Niebüll“) spielten eine Rolle neben Themen der Verfolgung und Ermordung des jüdischen Bevölkerungsteils (2006, 2015), der Behandlung von Homosexuellen (2007) und Zeugen Jehovas (2009) im Nationalsozialismus und der Tötung von Menschen mit geistigen oder körperlichen Behinderungen (2011). Aktuelle Entwicklungen fanden ihren Niederschlag in den Veranstaltungen, so wurde ab 2014 immer wieder über neue rechtsextreme oder antisemitische Tendenzen referiert. Über das Thema „Widerstand“ sprach 2010 Frank Lubowitz, als er über den „Nordschleswiger Jens Jessen im bürgerlichen Widerstand gegen Hitler“ berichtete.  

In diesem Jahr ist vieles anders. 2020 waren zum Vortrag von Klaus Kellmann über 70 Personen in der KZ-Gedenk- und Begegnungsstätte Ladelund versammelt. Der Vortragsraum und das Foyer waren voller Menschen. Im Jahr 2021 ist das nicht möglich. Wir müssen zur Eindämmung der Corona-Pandemie Abstand voneinander halten; die KZ-Gedenk- und Begegnungsstätte ist seit November 2020 erneut geschlossen und Veranstaltungen sind nicht möglich. Das Gedenken am 27. Januar wird trotzdem stattfinden. Pastor Hans-Joachim Stuck wird mit der Leiterin der KZ-Gedenk- und Begegnungsstätte, Katja Happe, im Laufe des Vormittags Blumen an den Gräbern der in Ladelund 1944 gestorbenen Männer niederlegen.
Wer möchte, kann an diesem Tag gerne zu den Gräbern kommen und der Opfer des Nationalsozialismus gedenken.
Wir werden Kerzen aufstellen, um dem Gedenken einen würdigen Rahmen zu geben. Die Erinnerung wach zu halten und trotz der aktuellen Einschränkungen allen die Möglichkeit zu geben, an diesem Tag der in Ladelund Gestorbenen und aller anderen Opfer der NS-Terrorherrschaft zu gedenken, bleibt eine wichtige Aufgabe der KZ-Gedenk- und Begegnungsstätte.


Als Teil der bundesweiten Flashmob-Aktion „Lichter gegen die Dunkelheit“ leuchtete am 27. Januar 2020 auch in Ladelund eine Kerze an den Gräbern.

In diesem Jahr war ursprünglich eine Veranstaltung mit Quinka Stoehr im Kino in Leck geplant. Dort hätten wir gerne den Film „Stumpfe Sense, scharfer Stahl“ über die Geschichte der Landvolkbewegung gezeigt und mit der Filmemacherin diskutiert. Diese Veranstaltung muss wegen der Corona-Einschränkungen auf einen späteren Termin verschoben werden. Über unsere Homepage und die lokale und regionale Presse werden wir den neuen Termin (hoffentlich im Mai oder Juni) bekanntgeben.

Trotzdem möchten wir allen Interessierten auch in diesem Jahr ein Thema aus der Gedenkstättenarbeit vorstellen.
Im Moment bildet die Erarbeitung neuer Biografien und die Recherche nach weiteren Lebensgeschichten der im KZ Ladelund ermordeten Männer einen Schwerpunkt der Arbeit. Über die Männer aus Putten, die unschuldig nach dem Anschlag am 2. Oktober 1944 aus dem Ort deportiert wurden und von denen ein Großteil in Ladelund ums Leben kam, ist relativ viel bekannt, auch dank der intensiven Forschungen von Pieter Dekker und der Stichting Oktober ’44. Aber weil aus insgesamt zwölf Nationen Gefangene im KZ Ladelund ums Leben kamen, ist es ein Anliegen der Gedenkstättenarbeit, auch den Lebensweg von Männern aus anderen Nationen nachzuzeichnen.

Deshalb möchte ich Ihnen heute Jean-Paul Depalle vorstellen:

Jean-Paul Depalle

Der Franzose wurde am 21. September 1888 geboren und lebte in La Chabanne, einem kleinen Dorf in der Nähe von Vichy und Clermont-Ferrand. Seine Familie mit fünf Kindern wohnte auf einem abgelegenen Bauernhof und bewirtschaftete diesen.  


Der Hof der Familie Depalle im Mai 1940

1975, vor mittlerweile fast 46 Jahren kamen zwei der Töchter von Jean-Paul Depalle zum ersten Mal nach Ladelund und besuchten das Grab ihres Vaters. Eine der Töchter, Jean-Claude Mercier, beschrieb diesen Besuch und die freundliche Aufnahme durch Pastor Richter. Sie hinterließ im Archiv der KZ-Gedenk- und Begegnungsstätte einen Bericht über das Leben ihres Vaters, seine Verhaftung und die Geschichte der Familie.
Der Bauernhof der Familie war abgelegen und bot Widerstandskämpfern der französischen Résistance damit gute Versteckmöglichkeiten. Drei der insgesamt fünf Kinder lebten 1944 noch auf dem Hof der Familie. Die Eltern engagierten sich aktiv in den Reihen des Widerstands. Auf dem Hof bzw. auf einem in der Nähe im Wald errichteten Lager fanden fast 40 Männer Unterschlupf, die nicht zur Zwangsarbeit nach Deutschland gebracht werden wollten. Bei der Beschaffung von Lebensmitteln im nächsten Dorf wurde im Juli 1944 ein Mitglied der Gruppe von deutschen Soldaten verhaftet, die auf der Suche nach einem abgestürzten deutschen Flugzeug waren. Wenige Tage später erschienen deutsche Soldaten auf dem Hof. Es kam zu einer Schießerei, und die Deutschen verhafteten alle Personen, die sie auf dem Hof antrafen. Auch die auf dem Hof lebenden Kinder der Familie wurden in einem Versteck aufgespürt und zusammen mit ihren Eltern fortgebracht. Der Hof wurde geplündert, Lebensmittel mitgenommen und Tiere geschlachtet. Zum Abschluss wurde der Hof in Brand gesteckt.

Ruine des Hofs der Familie Depalle

Die beiden jüngeren Kinder wurden zusammen mit ihrer Mutter im nächsten Ort freigelassen, sie kamen im Haus einer verheirateten Schwester unter und überlebten den Krieg. Der Vater, Jean-Paul Depalle, und der noch auf dem Hof lebende zwanzigjährige Sohn wurden deportiert und kehrten nicht nach Hause zurück. Jean-Paul Depalle kam vermutlich im November 1944 nach Ladelund. Am 11. Dezember 1944 wurde er von Pastor Johannes Meyer im neunten Grab der im KZ Ladelund getöteten Männer beerdigt. Über seinen Weg nach Ladelund ist bisher nichts bekannt genauso wenig wie der Sterbeort seines ebenfalls deportierten Sohnes. Es sind also auch bei der Geschichte von Jean-Paul Depalle noch viele Fragen offen, und es gibt noch viel zu untersuchen.
Was auf jeden Fall bleibt, ist der Bericht der jüngeren Tochter über den Besuch des Grabes ihres Vaters in Ladelund im Archiv der KZ-Gedenk- und Begegnungsstätte. Sie schließt ihn mit den Worten „Ich habe den Bericht ohne Hass geschrieben […], man muss versuchen zu vergeben, sonst ist nichts möglich. Aber ein für alle Mal: ‚Nie wieder Krieg!‘“

Die Auszüge aus der Lebensgeschichte von Jean-Paul Depalle zeigen einen weiteren Aspekt der Geschichte des KZ Ladelund. Neben den vielen politischen Häftlingen, die als Strafmaßnahme nach dem Anschlag in Putten hierher deportiert worden waren, wissen wir mittlerweile, dass es in Ladelund mit Abraham Duits auch einen jüdischen Häftling gegeben hat, der hier ermordet wurde, und mit Jean-Paul Depalle ein Mitglied des französischen Widerstands, der das Lager nicht überlebte. Der Holocaust mit seinen verschiedenen Facetten, der Bestrafung, Erniedrigung, Ausbeutung und Ermordung ganz unterschiedlicher Gruppen von Menschen hat auch in einem so kleinen Konzentrationslager wie Ladelund stattgefunden. Ein Grund mehr, am Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust am 27. Januar ein Gesteck an den Gräbern niederzulegen und an die Ermordeten dieser Zeit zu erinnern.

Schließzeit der KZ-Gedenk- und Begegnungsstätte Ladelund

Die Weihnachtszeit 2020 nähert sich und damit auch die alljährliche Schließzeit der KZ-Gedenk- und Begegnungsstätte.

Doch etwas ist anders in diesem Jahr: Aufgrund der Corona-Pandemie ist die Gedenkstätte bereits seit Anfang November geschlossen. Die verschiedenen Landesverordnungen haben festgelegt, dass alle Freizeit-Einrichtungen, zu denen auch die Museen und Gedenkstätten zählen, bis mindestens zum 20. Dezember geschlossen bleiben müssen. Dann beginnt bereits unsere jährliche Schließzeit über die Weihnachtsfeiertage bis hinein in das Neue Jahr.

Und so planen wir Veranstaltungen und Aktivitäten für das Neue Jahr 2021, auch wenn wir im Moment keine Besucher*innen willkommen heißen dürfen und noch nicht wissen, wann wir die KZ-Gedenk- und Begegnungsstätte wieder öffnen können. Wir hoffen in dieser Zeit auf so Vieles: Den Rückgang der Inzidenz-Zahlen, das Abflachen der Pandemie-Kurve der Infizierten und Verstorbenen, die Wirksamkeit des Impfstoffes und nicht zuletzt auf wieder mögliche Treffen mit Freunden und der Familie ohne Angst vor einer möglichen Ansteckung, auf Umarmungen, auf Konzertbesuche und auch auf Gäste und Besucher*innen in der Gedenkstätte.
Wenn unsere Hoffnungen sich wenigstens zum Teil erfüllen, können wir die KZ-Gedenk- und Begegnungsstätte am 12. Januar 2021 wieder für Besucher*innen öffnen. Doch ob sich unsere Hoffnungen erfüllen, wissen wir jetzt noch nicht.

Wir bitten Sie also darum, uns auch in dieser schwierigen Zeit gewogen zu bleiben und unsere Arbeit in jeder ihnen möglichen Form zu unterstützen. Wir werden an dieser Stelle berichten, wenn wir die KZ-Gedenk- und Begegnungsstätte im Neuen Jahr wieder öffnen dürfen.

Bis dahin bleibt uns, ein großes Dankeschön zu sagen: An all diejenigen, die uns mit ihrer ehrenamtlichen Arbeit unterstützen, an die Angehörigen der Toten des KZ im europäischen Ausland, deren gute Gedanken wir immer wieder fühlen, an die vielen Besucher*innen aus dem In- und Ausland, die Schüler*innen, Konfirmand*innen, Soldat*innen und alle anderen Interessierten. Die Gespräche mit Allen verdeutlichen uns immer wieder, wie wichtig das Bestehen der KZ-Gedenk- und Begegnungsstätte Ladelund ist und dass wir mit unserer Arbeit einen Beitrag zu Versöhnung über die Grenzen hinweg und zur Stabilisierung eines demokratischen Miteinanders leisten können.

Im neuen Gedenkstättenführer für das Land Schleswig-Holstein sind wir natürlich vertreten und der Honig aus dem Garten der Begegnung erfreut sich großer Beliebtheit bei allen Besucher*innen der KZ-Gedenkstätte Ladelund



Volkstrauertag 2020 – Ein Tag voller Emotionen

So schön und gleichzeitig so traurig war der Volkstrauertag in diesem Jahr. Die Fahnen auf der Dorfstraße waren wie jedes Jahr auf Halbmast geflaggt – ein Zeichen für die Trauer und das Gedenken, das diesem Tag innewohnt. Und doch schien die Sonne und für Mitte November war es ein strahlender, milder Herbsttag.

Auf dem Weg zum Gedenkgottesdienst

Am diesjährigen Volkstrauertag haben wir vor allem unsere Freunde aus Putten und anderen Orten der Niederlande schmerzlich vermisst. Die grundsätzliche Planung ähnelte dem letzten Jahr, und doch war alles ganz anders.
Zunächst treffen sich alle traditionell in der Kirche St. Petri, der Kelch aus Putten steht auf dem Altar, der 84. Psalm bildet ein wichtiges Element des Gottesdienstes. Die Kirche ist aus diesem Anlass meist mit vielen Dutzend Menschen gut gefüllt, alle Bänke und die Empore sind voll besetzt. Weil ich am Ende des Gottesdienstes das Totengedenken lese, sitze ich meist vorne neben dem Taufbecken und kann mich gut daran erinnern, wie froh ich im letzten Jahr war, so viele Bekannte und Freunde aus Ladelund und Putten in der Kirche zu sehen.
Auch dieses Jahr war die Kirche gut gefüllt, und das mit 30 Personen, da mehr unter Einhaltung der Abstands- und Hygieneregeln nicht gleichzeitig in die Kirche dürfen. Und als ich von meinem Platz vorne neben dem Taufbecken meinen Blick schweifen ließ, habe ich mich natürlich gefreut, die vertrauten Gesichter von Ladelunder Freunden und Bekannten zu sehen – und doch hat es mich tief berührt, eben viele Gesichter aus dem Ausland nicht zu sehen und Euch umso mehr zu vermissen.

Blick in die „vollbesetzte“ Kirche St. Petri

Das Orgelspiel von Sina Christiansen wurde in diesem Jahr ersetzt von dem Posaunenquartett der Ehepaare Kjer und Prechel. Zudem hat Gudrun Buttchereyt durch ihren Gesang mit Gitarrenbegleitung den Gottesdienst bereichert. Allen herzlichen Dank für diese stimmungsvolle Begleitung! Nach dem Gottesdienst versammeln sich alle an den Gräber der im KZ getöteten Männer, um dort in stillem Gedenken Kränze und Blumen an den Gräbern niederzulegen. Laut der Landesverordnung durfte das Niederlegen der Kränze am Volkstrauertag nur von zehn Personen gemacht werden. Daran haben wir uns gehalten.

Zum Glück in diesen schwierigen Zeiten hat uns aber der „Garten der Begegnung“ viel Platz geboten, damit sowohl diejenigen, die einen Kranz für eine Organisation ablegen sollten und wollten, als auch andere Besucher sich mit viel Platz und Abstand im Garten aufhalten und dem stillen Gedenken beiwohnen konnten. Der Posaunenchor der Kirchengemeinde Ladelund hat dem stillen Gedenken einen würdigen Rahmen gegeben. Und dennoch haben wir all diejenigen, die in „normalen“ Jahren einen Kranz ablegen – für die Stichting Oktober ‘44, für die Stichting Samen Verder, für die Gemeinde Putten, für den Verband der Sinti und Roma oder auch die Stadt Wyk auf Föhr – schmerzlich vermisst. Auch wenn wir alle in Gedanken unsere Freunde hier gesehen haben und wussten, dass sie zu diesem Zeitpunkt an uns denken, war es eben doch ganz anders, sie nicht hier vor Ort zu haben, mit Ihnen zu reden, zu trauern und gemeinsam zu gedenken.

Nach dem stillen Gedenken

Die Trauer um die Verstorbenen und die Trauer, dass so viele nicht persönlich bei uns sein konnten, überwog an diesem für alle sehr besonderen Volkstrauertag. Gleichzeitig war es ein wunderschöner sonniger Morgen und das Wetter stand in großem Kontrast zu der Trauer des Tages. Auf der einen Seite hat es alle die besondere Situation noch mehr spüren lassen, auf der anderen Seite war ein stimmungsvolles, ruhiges Gedenken möglich, der Sonnenschein und das ruhige Wetter haben zum Innehalten an den Gräber eingeladen. Und dennoch hoffen alle, dass wir im nächsten Jahr unsere Freunde zum gemeinsamen Gedenken wieder hier in Ladelund begrüßen können, genauso wie wir hoffen, im Oktober 2021 wieder nach Putten fahren zu können!

Sonenschein nach dem Gedenken

Die Kränze und Blumengestecke aller, die das Gedenken an diesem Tag mit uns geteilt haben:

erneute Schließung der Gedenkstätte

Durch die neue Landesverorgnung zur Eindämmung der Corona-Pandemie muss die KZ-Gedenk- und Begegnungsstätte im November erneut geschlossen bleiben.

https://schleswig-holstein.de/DE/Schwerpunkte/Coronavirus/Erlasse/201101_corona_bekaempfungsVO.html

Wir hoffen, dass wir im Dezember und dann im Neuen Jahr wieder Besucher begrüßen können.
An dieser Stelle halten wir Sie über die weiteren Entwicklungen auf dem Laufenden.

Bitte bleiben Sie gesund!

Das Team der KZ-Gedenk- und Begegnungsstätte Ladelund

Die Grabanlage im Oktober 2020

70 Jahre Gedenken und Versöhnungsarbeit in Ladelund

Grabanlage in Ladelund am 24. Oktober 2020

Der 24. Oktober 1950 war ein besonderer Tag für Ladelund. An diesem Tag kam zum ersten Mal eine große Gruppe von Niederländern aus Putten nach Ladelund. Auf Einladung von Pastor Johannes Meyer, der die Angehörigen der im KZ Ladelund getöteten Männer ab 1946 über die Gräber informiert und sie über ihre Pflege unterrichtet hatte, besuchten die Angehörigen der Toten zum ersten Mal die Gräber ihrer Ehemänner, Söhne, Väter und Brüder.

Grabanlage in Ladelund 1950
Der erste Besuch der Angehörigen aus Putten in Ladelund am 24. Oktober 1950

Nach dem Ende des Krieges war es den Angehörigen längere Zeit nicht möglich gewesen, aus den Niederlanden nach Deutschland zu reisen. Reisen über Zonengrenzen hinweg gestaltete sich schwierig, der Weg von Putten nach Ladelund war durch die noch immer vorhandenen Kriegsschäden an Brücken und Straßen lang und beschwerlich.

Busse aus Putten auf dem Weg nach Ladelund 1950

Fünf Jahre nach Kriegsende gelang es den Puttenern jedoch mit Bussen nach Ladelund zu kommen. 130 Frauen und Kinder der Toten wurden begleitet von Pastoren aus Putten und Vertretern der Gemeinde. In Ladelund wurden sie empfangen von Pastor Meyer. Nach einem Gottesdienst in der Kirche St. Petri besuchten sie die Gräber ihrer Angehörigen neben der Kirche. Der spätere Pastor Harald Richter schreibt im Katalog zur Ausstellung in Ladelund, dass der gemeinsame Gottesdienst und die stille Anteilnahme der Ladelunder Bevölkerung den Boden für weitere Kontakte geebnet hätten.

Angehörige trauern an den Gräbern, 24. Oktober 1950

Für die Angehörigen war es, wie aus vielen Schreiben und Texten hervorgeht, eine große Erleichterung an den Gräbern der Toten trauern zu können, das ehemalige Lagergelände (in den Baracken lebten im Jahr 1950 noch Verriebene und Flüchtlinge) sehen zu können und den Eindruck zu erhalten, dass die Gräber der Toten durch die Ladelunder und die Mitglieder der Kirchengemeinde betreut und in gutem Zustand gehalten  wurden.

Dieser erste Besuch der Angehörigen aus Putten gilt als das Gründungsdatum der KZ-Gedenk- und Begegnungsstätte. Von diesem Zeitpunkt an wurde in Ladelund eine aktive Versöhnungsarbeit betrieben. Vor allem die Kontakte zu den Menschen in Putten entwickelten sich über die Jahrzehnte zu echten Freundschaften.

Wir haben deshalb am 24. Oktober 2020 das 70jährige Bestehen der Gedenk- und Versöhnungsarbeit in Ladelund begangen. Auch wenn die Ausstellung und die Gebäude der der heutigen KZ-Gedenk- und Begegnungsstätte erst später hinzukamen, befindet sich in Ladelund doch die älteste Gedenkstätte in Schleswig-Holstein. Seit 70 Jahren arbeiten viele Menschen aus Ladelund und der Umgebung des Dorfes am Wachhalten der Erinnerung an die Geschehnisse der damaligen Zeit mit dem Ziel, dass sich diese schreckliche Geschichte nicht wiederholen möge. Eine Feier zum 70. Jahrestag des ersten Gedenkens hat in diesem Jahr nicht stattfinden können. Den 24. Oktober 2020 haben wir aber dennoch genutzt und bei Sonnenschein im Garten der Begegnung und an den Gräbern gearbeitet im Gedenken an die hier beerdigten Toten. Vor dem Winter und dem Gedenken am Volkstrauertag haben wir begonnen, den Garten der Begegnung und die Grabanlage winterfest zu machen und das auf den Wegen des Gartens spießende Unkraut zu entfernen. Je nach Wetterlage werden wir die Arbeiten an den nächsten Wochenenden fortsetzen. Danke an alle, die dieses Mal dabei waren!